HÖRERLEBNIS 27: Burmester


Vorverstärker: 808 MK V von Burmester

„Es lebe der König!“

von Marco Kolks

Nur wenige Hersteller haben sich um den technologischen Fortschritt im Bereich High-End so verdient gemacht wie Dieter Burmester. Das internationale Ansehen verdankt der Berliner Ingenieur nach meiner Auffassung aber im wesentlichen seinem Vorverstärker-Flagschiff, dem 808. Fast 20 Jahre lang verteidigt dieser Klassiker - mittlerweile als MK III - schon seine Spitzenposition im weltweit hart umstrittenen Markt der Supervorstufen. Inzwischen ist ihm die Konkurrenz jedoch gefährlich nahe gekommen und der von ihm besetzte, einst unumstößlich scheinende Thron fängt langsam an zu wakkeln.
Während nun zahlreiche Mitbewerber mit aller Macht versuchen, dem exklusiven Burmester-Nimbus Schrammen hinzuzufügen, kontern die Mannen aus der deutschen Hauptstadt mit einer MK V-Version. Richtig gelesen: V - nicht IV. Die IVer-Variante wurde nämlich kurzerhand übersprungen. Marketingüberlegungen haben dafür den Ausschlag gegeben: Denn in Asien - einem für die bundesrepublikanischen Hersteller äußerst wichtigen Markt - verbinden die dort lebenden Menschen mit der Ziffer 4 großes Unglück, weshalb beispielsweise in vielen Hochhäusern den entsprechenden Etagen andere Zahlenkombinationen zugewiesen werden.
Die Optik der Modifikationsstufe MK V ähnelt der ihres Vorgängers. Das darf nicht darüber hinwegtäuschen, daß es sich um ein gerade aus technischer Sicht völlig neues Produkt handelt. Deshalb ist der alte MK III auch nicht wie bisher aufrüstbar. Nach fast zwei Dekaden branchenuntypischer Produktkonstanz ist in diesem Punkt allerdings keine Kritik angebracht. Um dennoch seine Kunden an sich zu binden, bietet ihnen Dieter Burmester bei Neukauf die Inzahlungnahme ihrer Altgeräte zu einem fairen Preis an.
Beibehalten wurde, was diesen Vorverstärker so berühmt gemacht hat: das modulare Konzept. Ein solcher Aufbau erlaubt nicht nur eine individuelle Zusammenstellung, sondern sichert gleichzeitig eine Anpassung an zukünftige Technologien durch einfachen Austausch. Die Ein- und Ausgangsmodule sind über ein Bussystem verbunden, das mit hohem Aufwand nochmals eine klangliche Optimierung erfuhr. Die Pegel lassen sich über Potentiometer für den rechten und linken Kanal getrennt variieren und erlauben daher Lautstärkeunterschiede angeschlossener Quellen auszugleichen. Das eingebaute Digitalvoltmeter zeigt dabei die Werte bis auf 0,1 dB genau an. Die Eingangsmodule, die man leicht nach oben hin aus dem Basisgerät herausziehen kann, besitzen alle einen kleinen Schalter. Hier wird bei Bedarf von der symmetrischen zur asymmetrischen Arbeitsweise umgestellt. Da die Ausgangsmodule zudem über ultraschnelle Verstärker verfügen, bereiten dem 808 MK V kapazitive Lasten oder lange Anschlußkabel keine Probleme.
Ich möchte noch einmal auf die regelbaren Potentiometer zurückkommen. Ich kenne eine Reihe musikbegeisterter High-Ender, die solchen Korrekturmöglichkeiten aus rein klanglicher Sicht skeptisch gegenüber stehen. Selbst diesen Vorbehalten trägt Dieter Burmester Rechnung, indem die Regler bei Rechtsanschlag nicht mehr als Widerstände, sondern als Schaltelemente ausgelegt sind und somit aus dem Signalweg fallen. Sechs der zehn Eingänge können mit symmetrischen und asymmetrischen Modulen bestückt werden. Die Auswahl umfaßt Phono MM und MC asymmetrisch, Phono MC symmetrisch, CD, Tuner, DAT, Tape 1 und 2. Über die Fernbedienung lassen sich weitere vier asymmetrische Eingänge auf dem Aux-Modul anwählen.
Seit jeher legt die Berliner Edelschmiede großen Wert auf kurze Signalwege, die jetzt nur noch das theoretisch mögliche Mindestmaß aufweisen. Als Innenverkabelung findet das gut beleumundete, elektrisch und magnetisch geschirmte hauseigene „Silver“ Verwendung. Wie ich finde, ein idealer und bestens auf Burmesterprodukte abgestimmter Leiter. Der vollständigen DC-Kopplung, ein weiterer bewährter Entwicklungseckpfeiler, wurde große Bedeutung beigemessen. Diese Schaltungsart verzichtet vollständig auf klangverfälschende Koppelkondensatoren im Signalweg. Alle Verstärkerstufen sind übrigens in X-Amp-Technik (Class A-Modus) ausgelegt. Der Aufbau erfolgt diskret, daß heißt aus Einzelbaukomponenten mit hohen Selektionsgraden und einer speziellen Farbcodepaarung; für Burmester eine nicht erwähnenswerte Selbstverständlichkeit.
Ich habe aus meinem Hang zum Purismus nie einen Hehl gemacht und deshalb in der Vergangenheit gern auf Fernbedienungen verzichtet. Es erschien mir nur logisch, daß sich dieser technische Aufwand negativ auf die Klangqualitäten auswirken muß. Auch in diesem Punkt bin ich eines besseren belehrt worden. Denn die neue Fernbedienung erweckt nicht nur optisch den Eindruck eines Meisterwerkes. Über sie ist die Lautstärke über ein passives R-2R-Netzwerk aus Präzisionswiderständen in Verbindung mit vergoldeten Reed-Relais in 60 logarithmischen Stufen regelbar. Sogenannte High Speed-Ein- und Ausgangspufferverstärker passen dieses Regelnetzwerk auf die dahinterliegenden Verstärkerstufen an. Darüber hinaus ist der Fernbedienungsgeber ob des RC5-Codes frei programmierbar. Neben den Burmester-Geräten sind deshalb auf Wunsch auch TV oder Videorekorder steuerbar. Ich habe bei meinen intensiven Vergleichen in den letzten Monaten einen klanglichen Unterschied zwischen eingeschalteter Fernbedienung oder manueller Wahl nicht festgestellt. In der logischen Konsequenz siegt nun meine Bequemlichkeit über alle Zweifel und ich verzichte künftig nicht mehr auf derartige Feature. Wer dem Braten dennoch nicht traut, kann die Fernbedienung ruhigen Gewissens abschalten. Lautstärke- und Quellenwahl erfolgen dann über die eng tolerierten Präzisionswiderstände der griffigen, manuell zu betätigenden Regler auf der verchromten Frontseite.
Findet beim 808 MK III das Netzteil noch in einem kleinen ausgelagerten Gehäuse ausreichend Platz, ist es in der aktuellen, über 10 Kilo schweren Version auf die stattlichen Ausmaße einer leistungsfähigen Endstufe angewachsen. Die Versorgungsspannung soll nach den Überlegungen Dieter Burmesters idealerweise schon im externen Netzteil gleichgerichtet und stabilisiert werden. Somit bleiben die störenden Wechselfelder der 50 Hz-Netzfrequenz oder auch Brummspannungen ähnlich einem Akku-Netzteil außen vor und erreichen nicht mehr die empfindlichen Verstärkerstufen. Um auf diesem Wege ein optimales Ergebnis zu erzielen, setzen die Entwickler zwei Trafos mit je 50 VA und Kondensatoren mit einer Kapazität von fast 170.000 yF für Filter- und Siebungszwecke ein. Doch damit nicht genug: Im 808 Mk V-Basisgerät erfolgt nämlich eine zweite Regelung und elektronische Stabilisierung der Versorgungsspannungen, bevor der Weg zu den eigentlichen Verstärkerstufen freigeben wird. Einen höheren Aufwand kann man nur schwerlich noch betreiben. Ein wichtiges Indiz für das minutiös durchdachte Konzept ist die Tatsache, daß selbst bei aufgedrehtem Lautstärkeregler kein Eigenbrummen zu hören ist.
Dieter Burmester verfolgt zweifelsohne den Anspruch, einen der besten Vorverstärker der Welt zu bauen. Daraus folgert eine konsequente Optimierung seiner Produkte bis in das kleinste Detail hinein. In der Vergangenheit beispielsweise schenkten Entwickler den Dämpfungssystemen nur wenig Aufmerksamkeit. In diesem Punkt hat sich bei Burmester glücklicherweise einiges geändert. Die schweren, 40 mm starken Füße des aktuellen 808 sind als Spikes ausgelegt und stehen auf Carbonfaserfedern, die in eine 10 mm dicke Aluminiumplatte eingelassen sind und sich in dieser Verbindung zu einem effektiv arbeitenden Federsystem verbinden, das dann wiederum für eine Entkopplung von unerwünschten Vibrationen des Untergrundes sorgt.
Dieter Burmester hat gut daran getan, die Optik des 808 nur dort, wo es unbedingt nötig war, zu verändern. Nicht nur die herausragende Technik, sondern auch das unverwechselbare Aussehen haben diesen Vorverstärker zu dem gemacht, was er ist: der heimliche König in seinem Ressort. Die Verarbeitungsqualität sucht ihresgleichen und wird von Fertigungsexperten jeglicher Gattungen bewundert und gelobt: Das ist Ingenieursarbeit wie sie im Buche steht. Die Chromfronten wurden im Laufe der Jahre oftmals kopiert. Darüber würde ich mich nicht ärgern. Denn nur was wirklich gut ist, findet Nachahmer. Plagiate sind daher auf eine gewisse Art sogar ein Kompliment. Wenngleich die Optik einen faszinierenden Reiz ausübt und die Anfaßqualität ein besonders Erlebnis darstellt, soll nicht verschwiegen werden, daß diese Oberflächen empfindlich auf Fingerabdrücke reagieren. Wer blitzsauberen Outlook liebt, kommt nicht umhin, weiße Wollhandschuhe zu benutzen. Wem das zu affig erscheint, kann auf weiche Lappen, am besten feine Brillenputztücher, zurückgreifen. Am meisten leidet die Fernbedienung unter den fettfingrigen Zugriffen. Regelmäßiges Polieren ist daher angesagt. Mich stört dieser Aufwand keineswegs. Er erinnert mich vielmehr an meine Zeit als begeisterter Motorradfahrer. Die Speichenräder einer Ducati 900 Super Sport wurden doch auch mit einer Zahnbürste auf Hochglanz gebracht; zweimal am Tag, wenn es sein mußte. Eine ebensolche Faszination geht auch vom 808 MK V aus. Sie ist Ausdruck einer im tiefsten Herzen spürbaren leidenschaftlichen Liebe, die selbst schwer erklärbare und irrational erscheinende Handlungsweisen für den echten Freak dennoch so natürlich werden läßt.
Ein 808 MK V wird wohl allein aufgrund seines Preises nur in einer Kleinserienfertigung und zudem in Handarbeit hergestellt werden können. Daraus ergibt sich für Interessenten aber auch ein Vorteil: selbst ausgefallenste Sonderwünsche kann das Burmester-Team berücksichtigen, seien es nun beliebige Farben oder aber vergoldete Fronten.

Kommentar

Aufgrund meiner ausgiebigen Hörerfahrung räume ich dem Vorverstärker bezüglich seines Klangeinflusses in der Kette einen besonders hohen Stellenwert ein. Zwar ist diese These meßtechnisch nicht immer zu belegen, doch das Einschleifen neuer Vorstufen bringt zuweilen erstaunliche Ergebnisse. Vielleicht liegt es daran, daß der Preamp wie ein Nadelöhr funktioniert. Denn geringste Toleranzen, vor allem bei der RIAA-Entzerrung, müssen unverfälscht wiedergegeben werden. Selbst ausgereizt geglaubte Endstufen entfalten ganz andere Qualitäten, erhalten sie hochkarätige Spielpartner wie den 808 MK V. Bevor irgendein Elektronikkauf bevorsteht, scheint aus meiner Sicht vorrangig eine Überprüfung der Vorstufe angebracht.
Jeder mir bekannte Vorverstärker reagiert empfindlich auf die Aufstellung. Da macht der 808 MK V keine Ausnahme. Eine Positionierung auf dem hauseigenen Dämpfungssystem quittiert er mit deutlich mehr Ruhe im Klangbild, einem Zugewinn an Präzision bei der Wiedergabe und einem Plus an Luftigkeit. Geeignet als Unterbau erscheint ebenso die Stringbasis, wobei ich den Carbonfaserfedern aus Berlin den Vorzug geben möchte. Nicht preiswert, aber doch noch besser sind die Unterstellbasen Fondato Silencio von Acapella. Nach eingehender Beschäftigung habe ich vorne unter das Gerät zwei kleine Pucks und hinten rechts einen Puck gestellt. Die Stabilität in der Wiedergabe nimmt nun ein weiteres Mal zu. Diese Tips sollen nur am Rande für die unverbesserlichen Tuning-Freaks erwähnt werden. Mit dem Burmester Dämpfungssystem ist der stolze Eigentümer dieses Traums aus Chrom bereits auf der sicheren Seite.
Um klangmindernde Modulationseinflüsse durch das Transformatorstreufeld zu vermeiden, sollte das Netzteil soweit wie möglich vom 808 MK V entfernt stehen. Ebenso ist die Nähe von signalführenden Kabeln zu vermeiden. Ich habe, um den ultimativen Kick zu erleben, die Füße des Netzteils abgeschraubt und selbiges auch auf die Fondato Silencio-Basen gestellt. Der erzielte Erfolg gleicht dem mit dem Basisgerät erzielten.
Seit geraumer Zeit führt Burmester hochwertige und auf die eigenen Komponenten abgestimmte Netzkabel im Programm. Von einer Ausnahme abgesehen blieb der Tausch mit Fremdprodukten unbefriedigend und scheint daher überflüssig. Nur das sündteure NBS-Signature brachte in den tieferen Lagen einen Zuwachs an Druck. Zeitgleich ging ein wenig an Detailtreue im hohen und mittleren Frequenzbereich verloren. Ein schwierige preisklassen unabhängige Wahl, die kein abschließendes Urteil zuläßt und eher nach einem Patt aussieht. Vielmehr spricht aber diese Erkenntnis wieder für das durchdachte Gesamtkonzept der Berliner.
Als NF-Verbindungen harmonieren sehr gut das SPM-Referenz von Flatline, das überaus preiswerte Voodoo von Dope-Sounds und natürlich das Silver aus den eigenen Reihen. Während das SPM seine Stärken im Hochtonbereich ausspielt und mit einer unvergleichlichen Leichtigkeit und Entspannung auftrumpft, halten die beiden Reinsilberverbindungen mit mehr Konturenschärfe, sprich Griffigkeit, und dadurch bedingt etwas mehr Plastizität dagegen. In dieser Kette werte ich das Silver als das für mich stimmigste. In anderen Konstellationen können die beiden anderen Alternativen durchaus erste Wahl sein. Unabhängig von geschmäcklerischem Nuancenfetischismus ist allerdings in jedem Fall höchstes Niveau garantiert.
Ich will im folgenden dezidiert auf die klanglichen Eigenschaften des 808 MK V eingehen. Vorausschicken möchte ich, daß sich für mich künftig Bewertungskriterien verändert, die Meßlatten nach oben verschoben haben. Begrifflichkeiten wie zum Beispiel „Natürlichkeit“ müssen neu definiert werden, sollen sie wie bisher in die Produkt- und Musikbesprechungen einfließen. Mit dem Burmester-Vorverstärker wird das Tor zu einer Leistungsklasse aufgestoßen, die das zur Zeit technisch Machbare offenlegt. Auch werde ich nicht müde darauf hinzuweisen, daß Burmester-Geräte auf den Punkt gebracht, hervorragend musizieren. Den uralten Vorwurf, das könne doch gar nicht klingen, kann ich nicht mehr hören. Ich glaube, Dieter Burmester geht es ähnlich. Meine Empfehlung lautet daher, sich einen wirklich guten Vertragshändler der Berliner zu suchen und sich ausreichend Zeit zum Hören zu nehmen. Zudem wage ich die These, neun von zehn Anlagen klingen nicht optimal, weil ihnen im Vorfeld nicht die nötige Fürsoge zuteil wurde. Aber diese Erkenntnis beschränkt sich keinesfalls allein auf Burmesterketten.
Meine Ausführungen zu den klanglichen Meriten des 808 MK V will ich nicht verstanden wissen als simple, aneinandergereihte Lobeshymnen. Sie sind vielmehr faire Beschreibungen, die ich unter Hinzuziehung vieler Vergleiche und der daraus resultierenden Eindrücke gewonnen habe. Das war übrigens nur deshalb möglich, weil mir Dieter Burmester ausreichend Zeit für eine Beschäftigung mit seiner Vorstufe ließ.
Obgleich noch nicht eingespielt läßt der Fünfer keinen Zweifel an seiner Sonderklasse aufkommen. Einem „Pöff-Effekt“ gleich, öffnet sich sofort nach allen Richtungen die Bühne, rücken die Musiker weiter auseinander. Dabei legt der Tieftonbereich merklich zu und mir wird augenblicklich klar, worauf ich bislang verzichtet habe. Das Klanggeschehen steht nun auf einer wesentlich stabileren Basis. Wo vorher schier unerschöpfliche Baßkraft beim Rechtsdreh des Volumenreglers lostobte, sputet sie sich jetzt ebenso, benimmt sich nur besser. Will heißen: die Konturen in diesem schwierigen Bereich verwischen nicht mehr. Tuen sie es widererwartend doch, sollten Sie ihre Lautsprecher ober aber eine andere Komponente dafür verantwortlich machen, auf jeden Fall nicht den 808 MK V.
Der klangliche Unterschied zum Vorgängermodell fällt krass aus. Die Mühen eines nachträglichen Umbauens der Kette in den ursprünglichen Zustand zu Vergleichszwecken habe ich nicht gescheut, hätte ich mir aber sparen können. Die IIIer Variante stürzt deshalb leistungsmäßig nicht ins bergfreie. Im direkten Check zu zahlreichen Mitbewerberinnen braucht sie sich in der XLR-Version (ab 13.500 DM) auf keinen Fall zu verstecken und hat heute nach wie vor ihre Daseinsberechtigung. Sie ist für mich der existierende Beweis für den fast zeitlosen Erfolg genialer, modularer Bauweisen. Ich möchte nicht wissen, wieviele Konkurrenzmodelle sie überlebt hat, die sogenannte Referenzthrönchen glücklos bestiegen haben, um nach wenigen Wochen von unbekannten und noch kurzlebigeren Newcomern ins highfidele Nirvana geschickt zu werden. Wer will, kann übrigens seinen 808 MK I zu einem MKIII aufrüsten lassen, weil alle Ersatz- und Modifikationsteile selbst nach 20 Jahren vorhanden sind. Diesen Service als vorbildlich zu bezeichnen, halte ich sogar noch für untertrieben.
Es gibt nur wenige Einspielungen, die technisch wie musikalisch auf einem extrem hohen Niveau brillieren. Ein solches Meisterwerk legt die südamerikanische Sängerin Susana Baca mit „Nueva Cancion Popular“ (TSD 44/9817-6) vor, unterstützt von Winfried Dunkel, der für Aufnahme, Schnitt und Digitalmastering verantwortlich zeichnet. Ich lege Ihnen diese CD ans Herz. Wohlwissend, daß Sie Ihre persönliche audiophile Rangliste neu sortieren müssen. Ich selbst habe keine bessere Aufzeichnung in meiner Sammlung. Die garantiert eintretende „Hörernüchterung“ ist übergroß. Keines meiner bislang zu Klangbestimmungen herangezogenen musikalischen Beispiele reicht auch nur im entferntesten an diese tontechnische Qualität heran. Ich bin mit diesem Urteil glücklicherweise nicht allein auf weiter Flur, sondern weiß um die Zustimmung aus berufenen Mündern.
Susana Baca ist sicherlich eine der bekanntesten Künstlerinnen Südamerikas. Sie versteht es, den Zuhörer mit ihrer glasklaren Stimme tief in den Bann zu ziehen. Ich sitze zeitweise sogar völlig hilflos vor meiner Anlage und kann nicht einmal mehr abschalten. Von dieser Sängerin geht eine süchtigmachende Faszination aus. Diese erlaubt das Eintauchen in wundervolle Lieder, die das für uns völlig fremde Leben einer anderen Welt widerspiegeln und es erfahr- und nachvollziebar machen. Ihr zu lauschen, wird zu einer Art Anteilnahme, vielleicht das schönste Kompliment, was man Susana Baca machen kann. Eines meiner Lieblingslieder auf dieser CD ist „Drume Negrito“, ein einfühlsamer Melodienreigen. Wiederum attestiere ich, in meinen Ketten niemals zuvor eine so natürlich klingende Frauenstimme gehört zu haben. Christy Baron, Carol Kidd - ebenso von mir geschätzte Interpretinnen - wirken trotz ihres bekannten Chesky- und Linn-Leumundes dagegen süßlich einparfümiert. Das Klavier steht weit und völlig frei im Hintergrund. In solchen Fällen natürliche Klangfarben einzufangen, gelingt nur den allerwenigsten Toningenieuren. An der Räumlichkeit gibt es nichts auszusetzen, vielmehr nimmt die Bühne realistische Ausmaße an. Überhaupt stoße ich immer wieder auf den Begriff „realistisch“. So und nicht anders muß es klingen. Genauso klar. Das bestätigt auch, was mir beim ersten Hören durch den Kopf schoß: da zieht jemand einen gewaltigen Schleier vor der Klangbühne weg. Wie schafft es nur der Burmester 808 MK V derart in den Hintergrund zu treten, überhaupt nicht aufzufallen, dabei alles viel besser zu machen, als es viele vor ihm versucht haben? Hin und wieder erschrecke ich gar, wenn sich einige Instrumente überaus realitätsnah in das harmonische Zusammenspiel der Begleitgruppe einklinken, weil ich das in dieser Deutlichkeit nicht gewohnt bin. Ich ziehe ehrfürchtig den Hut vor Susana Baca, Winfried Dunkel und natürlich vor Dieter Burmester.
Highfideles Equipment sollte in der Lage sein, auf Tonkonserven gespeicherte Informationen möglichst naturgetreu zu reproduzieren. Was liegt da näher, als sich auf die Königin unter den Instrumenten einzuschießen, das Klavier. Im zarten Alter von sechs Jahren begann ich unter elterlicher Obhut, die für mich damals unüberschaubare und dennoch wohltemperierte Kombination weißer und schwarzer Tasten zu erlernen. Mein diesbezügliches Talent hält sich leider immer noch in Grenzen. Und weil es andere sehr viel besser können als ich, beschloß ich bereits vor geraumer Zeit, ihnen lieber zuzuhören. Daraus ist dann meine highfidele Leidenschaft erwachsen. Ich habe das Klavierspielen aber nie verlernt, ja sicher, die Fingerfertigkeit läßt allmählich nach, doch die innere altverliebte Verbundenheit hört wohl nie auf. Ich reagiere deshalb heute noch sehr sensibel auf dieses Instrument, weshalb ich ein Fan von Bösendorfer Flügeln geworden bin. Ein Steinway klingt mir in den Höhen zu harsch, im Baß zu dünn, insgesamt zu wenig musikalisch. Ein Bösendorfer hingegen kann mich um den Finger wickeln, regelrecht verzaubern. Daher schätze ich die Einspielung von „Dick Hymanns plays Fats Waller“ über alle Maßen (Reference Recordings, RR-33DCD). Hymann intoniert gefühlvoll, läßt nie die innere Spannung abreißen und damit den Zuhörer in die Langeweile abgleiten. Wenn man so tief in die Musik eindringt und nicht mehr an das vermittelnde Medium Technik, in unserem Fall den 808 MK V denkt, ist das schon ein weiteres Wort des Lobes wert. Allen Unkenrufen zum Trotz bleibt das Fußwippen für mich ein wichtiges emotionales Qualitätsmerkmal. Es ist hier sowie zu jedem Zeitpunkt gegeben und mehr noch: es schließt sich in dieser Konstellation sogar der ganze Körper an diese Gefühlsregungen an. Muß man wirklich noch mehr dazu sagen?
Der Unterschied zwischen antrainierten highfidelen Hörgewohnheiten und Livemusik ist „riesig“. Damit erzähle ich den erfahren Lesern nichts Neues. Schlagzeuger sitzen nun mal nicht im Garten des Nachbarn. Trompeter stehen nicht hoch oben auf Schränken und selbst Pianisten können greifen stets in die richtigen Tasten und brauchen dazu keine Teleskoparme. Bei einem Liveauftritt überzeugt vielmehr der geschlossene Gesamtauftritt und ein der Darstellung innewohnender Drive. Trotzdem muß Räumlichkeit nicht zu kurz kommen. Ganz und gar beeindruckend verhilft der 808 MK V Ruben Gonzales (WCD 049, World Circuit), einem der Altbegründer kubanischer Musik, zu eben jener livehaftigen Atmosphäre, die sich so wohltuend von hochgepuschten Soundmixturen absetzt. Trompeten erklingen vom Rande und dürfen durchaus mit metallischen Glanz behaftet sein. Dieses Instrument wird eben nicht gestrichen und deshalb klingeln noch lange nicht die Ohren. Luftig und frei stehen sie folglich im Raum, die Klavierläufe perlen (Melodia del Rio) scheinbar mühelos. Es ist, als habe jemand begrenzende Außenwände an die Seite geschoben und den Blick auf die Musiker freigegeben. Der Zuhörer kann sich im holografischen dreidimensionalen Klangbild frei bewegen und so wandert der Blick mit dem geistigen Auge von oben nach unten, von vorne nach hinten. Musik wird zum Erlebnis, weil es immer neue Faszetten zu entdecken gibt. Der 808 MK V beschränkt sich auf diese Qualitäten nicht allein: stets nehmen die tiefen Lagen an Druck zu, ohne unsauber zu wirken. Ein Zugewinn an Substanz, der die Wiedergabe reifer, erhabener wirken läßt, geht damit einher. Für mich bedeutet das auch, meinen Schallwandler Violoncello von Acapella neu abzustimmen und zu optimieren, was mir ob des kleinen Pegelreglers an der Rückseite des Lautsprechers nicht sehr schwer fällt.
Dieter Burmester hat zu meiner persönlichen Freude die analoge Fraktion nicht vergessen. Das alte Phonomodul im MK III war nicht mehr auf der Höhe der Zeit und fristete bei mir deshalb ein geradezu stiefmütterliches Dasein. Einem aus der Asche aufsteigenden Phönix gleichend präsentiert Burmesters Mannschaft jetzt ein völlig neu konzipiertes Modul. In unseren gemeinsamen Telefonaten hat er mich - zugegeben sehr dezent - immer wieder darauf hingewiesen. Und er hat gut daran getan. Was ich anfangs fälschlich als Standardzugabe wertete, ist ein Geniestreich und leider nur im Gesamtpaket zu haben. Wer sich für einen 808 MK V entscheidet, kommt nicht umhin, diese Platine mitzubestellen.
Der über diese Sektion erzielte Spaßfaktor beim Direktschnitt LA 4 „Just Friends“ (Concord, CJD-1001) steht in nichts etablierten und zwingend teureren, externen Gesamtlösungen nach. Sollte bei Ihnen mittlerweile der Gedanke aufkommen, sooft kann der Marco Kolks doch gar nicht die LA 4 hören, weil natürliche Verschleißerscheinungen der Langrille den Garaus machen, kann ich Sie beruhigen. Ich habe einige (!) Exemplare davon. Also: Das Altsaxophon von Bud Shank verfügt über eine angenehme sonorige Tiefe, die selbst die Magenwände erschüttert. Die Strahlkraft der Triangel bohrt sich regelrecht ins Ohr, frißt sich den Weg hinein bis zum stark angeregt schwingenden Trommelfell. Eine solche Intensität kann nicht jede Kette wiedergeben. Mit dem 808 MK V lassen sich derartige Hürden um einiges selbstverständlicher nehmen. Außerdem verhilft er wieder zu einem dreidimensionalen Klangeindruck. Sängerinnen liegen nun einmal nicht auf dem Bauch. Saxophonisten bei LA 4 übrigens auch nicht. Der 808 MK V öffnet nach allen Seiten hin die Bühne und versteht es dabei, sauber und vor allem nachvollziebar selbst große Orchester in Reih und Glied zu staffeln.
Der Bluesmusiker Hank Shizzoe kann auf „Plenty of Time“ (Cross Records, cca 1060) richtig „rotzig“ klingen. Das ist nicht abwertend gemeint. Es gibt gewissen Songs die nötige Intensität und somit die wichtige Glaubwürdigkeit. Selbige geht bei zugemogeltem Schmelz, wie bei Hans Thessing zu beobachten, leider nur zu schnell verloren. Da keine Blöße offen zu Tage tritt, folgere ich, daß Dieter Burmester selbst zu oft als Musiker auf der Bühne gestanden hat, als daß er diese entscheidenden Wiedergabeeigenschaften bei seinem Vorverstärker vernachläßigen würde. Authentizität im besten Sinne des Wortes sorgt bei mir für eine langanhaltende wie geradezu betroffen machende Ergriffenheit.
Gerhard Brandl, besser bekannt als Inhaber der edelsten Tonbasenbaumanufaktur, hat mittlerweile sein Tätigkeitsfeld in Richtung Tonträgerproduktionen ausgeweitet. Christian Kammerl und The Velvet Blues Orchestra (Copulare, Dionysos Records, Tel: 09931-6490) spielen eine Mischung aus Jazz, Folklore gemischt mit lateinamerikanischen Stilelementen, die die pure Lebensfreude symbolisiert. Herkömmliche Bewertungskriterien stehen nun hinten an. Es muß einfach laufen, nicht nerven und Atmosphäre hervorzaubern. Ich achte überhaupt nicht mehr auf irgendwelche Einzelpositionen wie Baß, Präsenz, Luftigkeit und wie sie sonst noch heißen mögen. Alles ist im Überfluß vorhanden und läßt mögliche Diskussionen darüber kleinkariert akademisch erscheinen. Soll sie führen wer will, ich nicht mehr. Das Kapitel gehört für mich der Vergangenheit an.
Es ist nach meiner Erfahrung egal, in welche Kette ich den Preamp aus Berlin einschleife: er - nein! - es klingt immer. Dieser Vorverstärker setzt Maßstäbe. Er macht Besitzer stolz, und die, die es noch nicht sind, neidisch.
Wenn man sich mit solchen Ausnahmegeräten auseinandersetzen darf, werden alt hergebrachte Bewertungskriterien zwingendermaßen gesprengt. Nichts ist, wie es war. Neue Horizonte öffnen sich. Allerdings hat Qualität ihren Preis. Und damit wären wir bei einem echten Knackpunkt. Ich will nicht in Abrede stellen, daß lapidar ausgedrückt, eine simple Laut-Leise-Stell-Einheit im Gegenwert eines Mittelklasse-Autos den meisten vernünftig veranlagten Menschen völlig irrwitzig erscheint. Ich selbst vertrete eine ebensolche Ansicht. Aber es gibt Dinge im Leben, die kann man nicht erklären. Und ich werde meiner Frau nicht erklären können, warum ich mich nicht wieder vom 808 MK V trenne. Ist es der glücklich machende Gedanke, ein technisch ultimativ gutes und schön aussehendes Gerät sein eigen nennen zu dürfen? Ist es vielleicht die Gewißheit, das den Freaks wohl bekannte Suchtfieber zumindest in diesem Punkt endgültig besiegt zu haben. Warum soll ich darüber philosophieren? Für mich geht nun ein Traum in Erfüllung.
Fazit: Mit dem 808 MK V hat Dieter Burmester im Olymp der Edelvorstufen wieder die Federführung übernommen. Wie kein zweiter versteht der versierte Ingenieur „State of Art“ und „Art of the Ear“ in einer unglaublich beeindruckenden Weise zusammenzuführen und damit neue Standards zu setzen. In Bezug auf die klanglichen Leistungen sowie die universelle Einsetzbarkeit und den zukunftssicheren Aufbau kenne ich nichts vergleichbares. Ich freue mich auch besonders darüber, daß Hightech made in Germany so manchen internationalen Großkonzern mit unendlich größeren finanziellen Entwicklungsbudgets in die Schranken verweist. Ich möchte es letztlich mit den altertümlichen Hofchargen halten, wenn es um die absolute Einstufung des MK III und des MK V geht: „Der König ist tot, es lebe der König!“

MK

Das Produkt: Vorverstärker 808 MKV
Der Preis: Standardausführung in Chrom: Grundgerät inkl. Netzteil und Fernbedienung: 24.990 DM Eingangmodule: 1.260 DM Phono MM und MC asym.: 1.890 DM, Phono MC sym.: 2.450 DM Ausgangsmodule: 2.980 DM Aufpreis für schwarz und weiß: plus 20 Prozent
Aufpreis für Gold: auf Anfrage (vom Goldpreis abhängig)
Maße: Grundgerät 482 x 145 x 350 mm; Netzteil 482 x 70 x 105 mm, jeweils (BxHxT)
Hersteller: Burmester Audio Systeme GmbH, Kollonnenstraße 30g 10829 Berlin Tel: 030-787968-0 Fax: 030-78796868

gehört mit:
Plattenspieler: Musica Nova Piano Forte, SME V, Rohmann, Linn LP 12, Circus, Trampolin, Ekos, Arkiv, Lingo
CD-Spieler: Burmester 916, Consequence audio (mod. by Realite),
Vorverstärker: Burmester 808 MK III, Beck RV,
Phonostufe: TE Audio Phono (Tessendorf/MC -Teflonausführung)
Endverstärker: Burmester 911 MK II (Mono), Beck RE1
Vollverstärker: Unison Research Simply 845, Symphonic Line RG 14
Lautsprecher: Acapella Violoncello, Newtronics Skate, Bella Luna von CD Konzertmöbel, realite reference
Kabel (NF/LS): Flatline SPM-Reference, Acapella (Silber), Acoustic Balance Black, Sonoran , Aural Symphonics, Voodoo von Dope Sounds, Magnan, NBS-Netzkabel, XLO-Netzkabel, Voodoo (Prototyp),
Zubehör: Copulare Tonbasen, Burmester Power Conditioner, Acapella Tonbasen, Big Blocks von Acapella, Racks von Audio Magic, Bedini Disc Clarifier, Sound Dynamics Foculpods, Sicominplatten, Ducal-Kabelträger von Copulare, Kabelträger von Audio Magic, CD-Balsam, Netzkabel von Burmester und Audio Agile, VPI - Magic Bricks, Räke Pucks, ART-Graphitpucks, CD-Sound-Improver von Gläss, LP-Waschmaschine von Sota.