Autorenvorstellung
“Auer, sei ruhig!”
von Theodor Auer
Mit diesen täglich zu mir gesprochenen Worten sollte offenbar meine Liebe zur Musik geweckt werden. Vor Unterrichtsbeginn in der Volksschule wurde immer ein Volkslied gemeinsam gesungen.
Anscheinend war der Lehrer mit meiner modernen, atonalen Interpretation nicht ganz einverstanden. Mit 15 bekam ich meine erste Super-High-End-Anlage: Einen Philips-Plattenspieler mit im Deckel integriertem Lautsprecher für damals enorme 70 Mark! Ein Aufnahmestudio, bestehend aus einem Versandhaus-Röhrentonbandgerät kam auch noch dazu. Nun konnte ich vom Bayerischen Rundfunk jeden Freitag die Schlager der Woche aufnehmen. Die Methode war hochprofessionell: Ein Mikrofon vor ein Kofferradio gestellt, ausgesteuert mittels eines “Magischen Auges” (für die jüngere Generation der Leser: Eine grün leuchtende Röhre, eigentlich zur Abstimmanzeige von Radios bestimmt). Dem Plattenspieler war Klassik pur vorbehalten: Die Don-Kosaken in erster Linie, aber Bruchs Violinkonzert war auch schon dabei, ebenso einige Operetten.
Mein alter Klavierlehrer hatte eine Anlage zum Wahnsinnspreis von sage und schreibe 2000,- Mark - und diese klang tatsächlich unvergleichlich besser. Die Musik, die er darauf hörte, war jedoch furchtbar: Kammermusik! Wie kann man nur! Wie schön müßten auf so einer Anlage Schlager klingen, oder gar die Beatles! Mein alter Freund, der Klavierlehrer Rudi Bauer, seinen Namen möchte ich hier dankbar erwähnen, schaffte es irgendwie, mich für ernste Musik zu interessieren. Mit Beethoven-Sinfonien begann es, einige Jahre später kam dann, man sollte es nicht glauben, Kammermusik hinzu, die jetzt, da ich nunmehr das zarte Alter von 50 Jahren erreicht habe, zum Zentrum meines Musiklebens geworden ist. Noch vor der Kammermusik kommt jedoch der Mittelpunkt des Musik-Universums: Johann Sebastian Bach. Dessen Kontrapunktik ist für mich das Nonplusultra menschlichen Musikgeistes. Im alten Schlachthof meiner Heimatstadt führt ein Professor vom Mozarteum in Salzburg, den ich seit seiner Kindheit kenne, jährlich ein Wochenende zeitgenössischer Musik durch. Komponisten wie Wolfgang Rihm und andere kann man hier persönlich kennenlernen, und sie geben dann auch gern Auskunft über ihre Arbeitsweise und Intentionen. Daher rührt mein Interesse an zeitgenössischer Musik, ein Interesse, das leider nicht allzuviele mit mir teilen! Schade, denn die mutigen, ungehörten, ja unerhörten Klangkombinationen können einen ungeheuren Reiz auf den Hörer ausüben. Oftmals ist ihre Zerissenheit Ausdruck unserer Zeit und Gesellschaft. Darum: Haben Sie ruhig mal Mut und hören rein!
Bei einem Vereinsabend der Amateurfunker sprach ich vor etwa 15 Jahren einen Angestellten eines High End-Geschäftes an, ob es möglich sei, mal so richtige High End-Geräte zu hören. Natürlich sagte er, wir haben wunderschöne und hervorragend klingende Röhrengeräte! Röhrengeräte: Aus welchem Jahrhundert kommt denn der, dachte ich! Ein Röhrengerät war ja mein erstes Tonbandgerät für 199.- Mark. Verlangt der vielleicht auch noch Geld für solche Geräte? So etwas Veraltetes kommt doch nie und nimmer an meinen Transistor-Vollverstärker heran!
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich war von den Röhrengeräten begeistert! Zum ersten Mal hörte ich wirklich “Musik”. Elektrostaten, die der Händler auch in seinem Studio hatte, hörte ich auch zum ersten Mal. Der offene, unaggressive Klang faszinierte mich.
Eine Woche später standen sie in meinem Wohnzimmer, natürlich völlig unverbindlich, nur mal zu Hause anhören: Sie stehen heute noch da! Gute, mich ganz und gar zufriedenstellende Röhrenelektronik (die Jadis JA 30 Vorstufe und Jadis-Monoblöcke) kamen bald darauf hinzu.
Warum ich für das “Hörerlebnis” schreibe? Weil ich viele Leute kenne, die um ernste Musik vorurteilsbehaftet einen großen Bogen machen, dabei nicht ahnen, was ihnen dadurch an Lebensqualität entgeht! Ganz einfach: Bei Menschen, die zwar ein potentielles Interesse an ernster Musik haben, denen aber nie ein Zugang zu dieser Art Musik eröffnet wurde, möchte ich durch meine nunmehr bereits ca. 20 veröffentlichten Beiträge die Liebe zu dieser Musik wecken. Und hoffentlich gelingt es mir zumindest bei einigen davon.TA