HÖRERLEBNIS 41


Phonostufe Red Rose Music "Rosette 2"

Schüchterne Schönheit

von Stefan Rüter

Totgesagte leben länger, das gilt auch für die vor Jahren angeblich dahingeschiedene Analogtechnik. Genaugenommen: vor allem für den klassischen Plattenspieler. Da aber heutzutage nahezu alle hochklassigen Vorstufen ohne integrierte Phonosektion geliefert werden, ist somit der Bedarf an externen Phonoverstärkern gestiegen. Von wegen "angestaubte Technik, die behäbig auf dem Altenteil sitzt" - Vinyl ist und bleibt gerade im High-End-Sektor Kult. Es gibt folglich einen ausreichend großen Kreis an Musikfreunden, die darauf beharren, Schallplatten zu kaufen. So ist es denn nicht weiter verwunderlich, daß immer mehr Labels wieder LPs pressen lassen. Dies führt in der Folge dazu, daß es noch nie soviele separate Phonostufen gab wie heute. Eine davon ist die aus der neuen Firma von Mr. Mark Levinson stammende "Rosette 2", die hierzulande von der Hamburger H.E.A.R. GmbH vertrieben wird.
Die edel ausgefallene Optik des Gerätes scheint darauf hinzudeuten, daß man "hoch hinaus" will. Immerhin besteht das Phonoteil aus zwei Einheiten: dem Netzteil und dem eigentlichen Phonoverstärker. Beide sind mit einem speziellen, mitgelieferten Versorgungskabel zu verbinden. Nach dem Einschalten zeigt eine LED am Netzteil die Betriebsbereitschaft der "Rosette 2" an. Die für MM- wie MC-Systeme geeignete Phonostufe selbst ist direkt nach dem Einschalten auf den MM-Eingang geschaltet. Mit einem Knopfdruck kann man dann auf den auf der hinteren Seite zwischen Eingangswiderständen von 47, 100, 220, 1K und 43 K Ohm umschaltbaren MC-Eingang umstellen. Auf der Hinterfront finden sich außer den Ein- und Ausgängen noch die wählbare Eingangskäpazität (100/150/ 200/300/400 pF) für den MM-Zweig und die Erdungsklemme. Mehr gibt es nicht zu sehen.

Der Klang
Als Spielpartner der Red-Rose-Phonostufe diente das Laufwerk Transrotor Pianta mit dem Tonarm SME V und dem Tonabnehmer Ortofon Rohmann. Nach einer Einhörphase von etwa 30 Stunden habe ich mich für drei LPs entschieden, anhand derer ich Ihnen die Fähigkeiten dieses Phonoverstärkers beschreiben will.
Beginnen möchte ich dabei mit Miles Davis' beeindruckendem Album "Quiet Nights" (Columbia Stereo PC 8906), auf dem er südamerikanische Einflüsse auf bis dahin ungekannte Art in den Jazz integrierte. Titel 3 der zweiten Seite, "Summer Night", klingt wunderbar beschwingt und entspannt. Das Stück sollte rhythmisch treibend klingen, ohne dabei hektisch zu werden. Die "Rosette 2" vermittelt sehr schön die beabsichtigte Stimmung, obgleich es mir ein wenig an der letzten Dynamik fehlt.
Noch immer als audiophiler Meilenstein gilt die bereits 1983 erschienene Ulla-Meinecke-LP "Wenn schon nicht für immer, dann wenigstens für ewig" (RCA PL 28545). Auch 19 Jahre nach der Produktion im Audio Tonstudio Berlin hat diese Aufnahme für mich nichts von ihrer Faszination verloren. Alle neun Titel sind exzellent eingespielt und stilistisch sehr abwechslungsreich. Ich bin geneigt, von einer musikalisch wie tontechnisch nahezu perfekten Produktion zu sprechen. Besonders beliebt für Vorführungen, auch schon kurz nach dem Erscheinen der Scheibe, war Titel 2, "Die Tänzerin". Es ist beeindruckend, mit welcher geradezu unglaublichen Direktheit die markante Stimme Ulla Meineckes auf den Zuhörer einzudringen vermag. Die kraftvolle Eindringlichkeit geht förmlich durch den Körper des Hörers hindurch, wobei sie tiefe emotionale Spuren hinterläßt. Alles das kann die Red-Rose-Phonostufe wunderbar vermitteln. Sie bietet reichlich Informationen, ist leichtfüßig und klingt unangestrengt, ja, fast feinsinnig. Dabei offenbart sie auf großartige Weise ausgewogen und neutral den musikalischen Inhalt.
Die Raumausleuchtung ist ohne Fehl und Tadel, die wahre Größe der Bühne wird exakt wiedergegeben.

Die Rosette 2 eignet sich sowohl für MM- wie MC-Tonabnehmer.

Zu guter Letzt schien mir auch Keith Jarretts im November 1976 in Nagoya/Japan eingespielte LP "Works" (eingefangen auf ECM 825425-1) aussagekräftig zu sein. Toningenieur Jan Erik Kongshaag gelang ein einmaliges Tondokument, an dem neben Jarrett viele weitere namhafte Künstler wie z.B. Jan Garbarek, Gary Burton, Ralph Towner, Pat Matheney, Chick Corea, Jack DeJohnette u.v.m. mitwirkten. Wieder entfaltet die "Rosette 2" das gleiche, typische Klangbild wie zuvor. Alle Akteure stehen auf einer großen, präzise ausgeleuchteten Bühne. Kein akustischer Ballast, keine Hektik im Klangbild, kein aufkommender Streß. Die Musik wirkt stets rund und sanft, nie aggressiv. Der somit angedeutete Wohlklang bedeutet allerdings nicht, daß es etwa an Exaktheit und Beweglichkeit fehlt. Im Gegenteil. Räumliche Plastizität und Abbildungspräzision sind die Stärke der Red Rose. Ihr Klangbild ist sehr wandlungsfähig und kann auch bzw. gerade bei leisen Tönen schwierige Aufgaben mühelos meistern.
Fazit: Die "Rosette 2" überzeugt vor allem durch ihre Ausgewogenheit. und hat unbestreitbare Meriten. Sie versteht es, Musikmaterial jeder Art mit einem nicht zu leugnenden Charme zu präsentieren. Auf eine stille, subtile Weise vermag sie zu faszinieren.
Wie einer jener Menschen, die ruhig und doch stets gutgelaunt ihren Weg gehen, wirkt diese Phonostufe auf mich. Allerdings dürfte sie für meinen Geschmack noch ein bißchen mehr Temperament haben. Gehäuse- und Aufbauqualität verdienen allerhöchstes Lob. Letztlich ist die "Rosette 2" eine unbedingt erfreuliche Neuerscheinung am Markt.

SR

Das Gerät:
Phonostufe Red Rose Music "Rosette 2"
Abmessungen beider Gehäuse (B x H x T): 8,7cm x 20,8cm x 25cm
Gewicht 1,5 kg bzw. 2,5 kg
Preis: 2.700,- Euro
Vertrieb: H.E.A.R. GmbH
Innocentiastr. 23
20144 Hamburg
Tel.: 040-41355882
Fax: 040-41355884
e-Mail: kontakt@h-e-a-r.de
Internet: www.h-e-a-r.de bzw. www.redrosemusic.de

Gehört mit:
Vorstufe: Accuphase C 275
Endstufe: Accuphase P 700
CD-Player: Accuphase DP 75 V
Lautsprecher: Wilson Puppy 5.1 E
Kabel: NBS, Flatline, Straight Wire, MIT, Accuphase, Synergetic Research
Phonostufe: Tessendorf TE Phono
Laufwerk: Transrotor Pianta
Tonarm: SME V
Tonabnehmer: Ortofon Rohmann, 25 FL
Zubehör: CD-Mat von ATR, Acapella Tonbasen, Racks Eigenbau

Ein neuer Name in der Szene: Arnd Rischmüller von der HEAR GmbH hat den deutschen Vertrieb für die amerikanischen Red Rose-Produkte von Mark Levinson übernommen.

Herstellerkommentar:
Um eine sehr gute, einzigartige Phonostufe anzubieten, haben wir der jetzigen Version, die von der beschriebenen Version abweicht, einige technische Veränderungen zukommen lassen. Auch wir fanden, daß etwas mehr Tempo, Temperament und Energie die Musikwiedergabe realistischer erscheinen lassen könnte. Die neue Version hat genau das durch eine etwas veränderte Stromversorgung - zu erkennen daran, daß das Netzkabel jetzt nicht mehr fest mit dem Gerät verbunden ist - und durch einige Veränderungen auf der Platine selbst, erreicht.

Arnd Rischmüller